23. Januar 2005

15. Januar 2005

Gezielte Hilfe für Aceh über Bandung

"Gezielte Hilfe für Aceh über Bandung. Wolfgang Sehrt, Präsident der Deutsch-Indonesischen Gesellschaft, schildert Eindrücke aus Katastrophengebiet."
Bericht von Ralph-Herbert Meyer in der Braunschweiger Zeitung vom 14. Nov. 05 (Foto: Ralf Taylor)

Keine Organisation, keine Verwaltung, keine Ansprechpartner. Wolfgang Sehrt, Braunschweiger Ratsherr und Präsident der Deutsch-Indonesischen Gesellschaft Niedersachsen, sieht nach selbst gewonnenen Eindrücken in Indonesien vor allem Probleme in der am stärksten von der Flutwelle betroffenen Provinz Aceh.
"Es wird mindestens noch eine Woche dauern, bis da überhaupt koordiniert geholfen werden kann", sagt Sehrt in einem Telefon-Interview mit unserer Zeitung. Er hält sich zurzeit privat in Indonesien auf. Sehrt berichtet von neu ankommenden Helfern verschiedener internationaler Hilfsorganisationen, die auch 18 Tage nach der Katastrophe auf dem Flughafen warten und einfach nicht wissen, wo und wie sie am besten mit anpacken können.
"Meine Frau und ich sind oft in Indonesien. Unsere jetzige Reise war bereits vor der Flutwelle in Südasien geplant. Jetzt wollten wir ein Zeichen setzen, reisen und nicht stornieren. Mir geht es auch darum, zu erfahren, wie wir aus Braunschweig am besten unterstützen können", erklärt der 65-Jährige.

Langfristige Projekte
Sehrt hat Verbindung mit der deutschen Botschaft in Jakarta aufgenommen. Telefonische Kontakte mit Braunschweigs Partnerstadt Bandung auf der Insel Java gelangen ihm bisher noch nicht. Das indonesische Telefonnetz ist völlig überlastet. Bandung selbst ist nicht von der Flutwelle betroffen, leistet aber bereits Hilfe für die Katastrophenregion Aceh. Die 1960 vereinbarte Städtepartnerschaft mit Bandung war die erste einer deutschen Stadt in Südostasien.
In einer E-Mail an die Stadt hatte Sehrt geschrieben, dass die deutsche Botschaft in Jakarta mit Partnerschaftsangeboten aus Deutschland überschwemmt werde. "Für uns muss es deswegen vielmehr um gezielte, langfristig wirkende Projekte gehen." Etwa um den Aufbau von Schulen oder Krankenhäusern, Booten für die Fischer oder Traktoren für die Reisbauern. Dafür sei Aceh, mit seinem islamischen strengen Rechtssystem aufgrund seiner politischen Sonderstellung von anderen indonesischen Provinzen abgeschottet, erstes Ziel.

Botschaft vermittelt
"In Aceh zu helfen, ist noch schwieriger als in den anderen Gebieten. Da gilt im Gegensatz zum liberalen Indonesien islamisches Recht. Dabei ist ausgerechnet dort die Zerstörung so unvorstellbar dramatisch", berichtet Sehrt. Die Provinz war ein Sultanat, dann Kolonie, wurde erst 1945 indonesisches Gebiet, hat deswegen einen Sonderstatus mit eigenen Rechten. Sehrt schildert einen Fall, in dem das von einer Hilfsorganisation geschickte Mobiliar abgewiesen wurde, weil es nicht in Indonesien gefertigt war.
Deswegen werden die Deutsch-Indonesische Gesellschaft Niedersachsen wie auch Braunschweig die Hilfe wenn möglich über die indonesische Partnerstadt laufen lassen. Die deutsche Botschaft werde sich um eine Kontaktaufnahme mit der Verwaltung der Hauptstadt Banda Aceh bemühen. Es soll geklärt werden, ob sich aus einer Verbindung mit Bandung Ansätze für eine konkrete Unterstützung ergeben.
Sehrt schlägt vor, in Abstimmung mit der Stadtverwaltung Bandung zu klären, in welcher Form Braunschweig als Stadt oder zusammen mit privaten Initiativen direkte innerindonesische Hilfe unterstützen könne. "Die Botschaft wird uns so schnell wie möglich konkrete Informationen liefern", sagt Sehrt.